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Plot - Tipps

Begonnen von Thilo, 21.02.2007, 12:21:05

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Thilo

Angeregt durch die aktuelle Diskussion "Wie mit schlechten Cons umgehen?" würde ich gerne mal ein paar Tipps sammeln, wie man gute Plots erstellt, bzw. welche Fehler es zu vermeiden gillt.

Ich fange einfach mal an, es waere schoen, wenn ihr eure Anregungen/Tipps/Ideen hier anfuegen wuerdet.

1) Überlege dir ein klares Konzept und eine Zielgruppe!

Man wird mit einem Plot nicht jedermann, vom Adeligen bis zum Halbork zufrieden stellen können. Überlege dir deshalb im Vorfeld, welche Zielgruppe du ansprechen willst, kommuniziere das klar in der Ameldung und halte dich beim Schreiben des Plots daran. Wenn du eine Hofhaltung mit Ball und Intrigen ankuendigst, und dein Plot dann daraus besteht, dass Orkhorden die Burg belagern, dann hast du wahrscheinlich unzufriedene Spieler. Wenn du den selben Plot als Schlachtencon mit Burgbelagerung angekuendigt haettest, ist die Chance auf zufriedene Spieler viel größer.

2) Spieler wollen ein Erfolgserlebnis

Warum gehen viele Spieler auf ein LARP? Ja, sie wollen Helden sein. Natürtlich gilt das nicht für alle Spieler, aber doch für einen großen Teil. Gönne deinen Spielern ein Erfolgserlebnis. Es muss ja nicht unbedingt die Weltrettung sein, und klar - es kann auch Cons geben, auf denen von Spielerseite einfach alles schief läuft, und der Plot nicht gelöst werden. Aber die Spieler sollten auf jeden Fall eine reelle Chance haben.
Beispiel: Der Galladoorn 1. Ein Schrein droht aufzubrechen und der darin gefangene Dämon zu entkommen. Die Spieler schaffen es, den Schrein wieder zu flicken, so dass der Daemon nicht entkommt. Das Con endet somit mit einem Erfolgserlebnis - es wurde in letzter Sekunde verhindert, dass der Daemon entkommt. Dass der geflickte Schrein dann nicht lange gehalten und der Daemon sich auf dem naechsten Con doch befreien konnte, ist dann wieder ein ganz anderes Thema und fuer das "lokale" Erfolgserlebnis auf dem Con unerheblich.
Vermeide Plots, die schon von vorne rein darauf ausgelegt sind, den Spielern "eines auszuwischen".

3) Gebe den Spielern ein Ziel, dass auch für diejenigen nachvollziehbar ist, die sich nicht seit Jahren mit dem Landeshintergrund beschäftigt haben.

Am besten sind konkrete Probleme/Bedrohungen, die die Spieler unmittelbar betreffen und somit animieren, an der Lösung mitzuarbeiten.

Negativbeispiel: Die Spieler sollten dem Dorfpriester dabei helfen, die Reliquie des heiligsten Mannes der lokalen Religion zu finden, die irgendwo nahe des Dorfes verbuddelt sein soll.

-> Die Spieler werden nicht sonderlich motiviert sein, sich fuer die Reliquie irgendeines Heligen einer ihr unbekannten Religion in Lebensgefahr zu begeben. Fuer eingefleischte Spieler des Landeshintergrundes mag es natürlich eine extrem wichtige Sache sein, diese Reliquie zu finden (zumal es laut der Legende XYZ erst wieder einen guten König auf dem Thron geben wird, wenn diese Reliquie wieder im Tempel von Hastenichgehoert liegt), aber Spieler, die mit dem Landeshintergrund nicht so verwurzelt sind, wird das eher nicht die Bohne interessieren.

Positivbeispiel:  Das Dorf wird von einem boesen Nekromanten bedroht, der sich mit einer Gruppe Orks verbuendet hat. Bei Tag ist ein Entkommen nicht moeglich, da das Dorf von den Orks nicht umzingelt wird, und bei Nacht öffnen sich die Gräber. Der Nekromant versucht, die Reliquie zu bekommen, weil sie ihm unermaessliche Macht verleiht und er dann alle Spieler zu seinen untoten Dienern machen will. Der Dorfpriester hat eine alte Karte, auf der der Ort angegeben ist, an der die Reliquie versteckt ist. Zudem bekommen die Spieler vom Dorfmagier die Info, dass man mit Hilfe der Reliquie dem Nekoromanten seine ganze Kraft rauben und ihn vernichten kann.

-> Nun haben die Spieler einen sehr guten Grund, sich auf die Suche nach deer Reliquie zu begeben, um sie vor dem Nekromanten in die Finger zu bekommen.

4) Vermeide Plots, die darauf bauen, dass Spieler eine bestimmte Aktion durchführen

Negativbeispiel: Ich war auf einem Con, da hatte die SL folgendes geplant: Die Spieler kommen relativ am Anfang in einen Dungeon, in dem laut Gerüchten ein wertvollver Schatz liegt. Dort finden sie eine Truhe. Spieler öffnen die Truehe, der darin eingesperrte Dämon kommt frei und die Kacke ist am Dampfen. Der restliche Plot drehte sich dann wohl darum, diesen Daemon zu bekaempfen.

Abgelaufen ist es denn so: Eine Spielergruppe aus Paladinen, Rittern und einem Magier geht in den Dungeon. Alle Teilnehmer der Expedition sind nicht an Reichtümern interessiert. Sie kommen an die Truhe, die in einem recht nekromantisch ausstaffierten Raum steht. Magier ahnt böses und spricht diverse Zauber auf die Truhe, u.a. "Dämonisches spüren". SL sagt, dass er eine gaaaanz leichte daemonische Praesenz auf der Truhe spuert. Spieler beschliessen, die Truehe nicht zu oeffnen, verlassen den Dungeon und zerstoeren ihn so weit, dass ihn niemand anders mehr betreten kann. Damit war der Plot der SL schon am ersten Tag gescheitert und das restliche WE verlief relativ ereignislos (will heissen recht langweilig).

Wenn ein Plot aus irgendeinem nicht vermeidbaren Grund an einer einzelnen Aktion haengt, dann sorge dafuer, dass diese Aktion notfalls auch ohne Eingreifen der Spieler geschieht. Z.B. indem ein paar NSC von Anfang an als Notanker unter die Spieler gemischt werden.

5) Schreibe durchschaubare Plots

Das Gegenteil von zu wenig Plot ist ein zu komplexer, fuer die Spieler nicht mehr durchschaubarer Plot. 50 Plotstränge, die nicht zusammenhängen, den perfekten Informationsaustausch zwischen allen Spielern und zudem noch ein fundiertes Wissen über die Plots der letzten 14 Cons der Orga erfordern, werden die meisten Spieler schlichtweg überfordern. Sorge bei komplexen Plots dafuer, dass es im Laufe des Cons Stellen gibt, an denen die Spieler auf einen gemeinsamen Wissensstand gebracht werden, und dass die Hintergrundinfos den Spielern zugaenglich gemacht werden. Optimal ist es, wenn die Spieler das selbst hinbekommen - rechne aber nicht damit. Plane fuer den Falls, dass die Spieler es nicht schaffen, ihre Informationen zu teilen, einen entsprechenden NSC 9z.B. den Buergermeister des Dorfes usw.) ein, der Versammlungen einruft oder Spieler zu "Koordinationsstellen" ernennt.

Ein positives Beispiel ist fuer mich der Gleystoke 10:  Dort gab es zwar auch unmengen kleiner Plotstraenge, die aber alle Unterplots des "groosen Hauptplots" waren. Es war jederzeit klar, warum ein bestimmter Subplot geloest werden sollte, und welche Auswirkung das auf den allgemeinen Plot hat. Zudem gab es eine zentrale Stelle, an der alle Informationen zusammengetrangen und wieder verteilt wurden.

6) Bestehe nicht auf deinen Plot

Gerade Anfaenger-Orgas machen oft den Fehler, einen bis ins letzte Detail forgefertigten Plot zu planen - mit minutengenauem Ablaufplan. Und wenn dann irgendwas nicht exakt so läuft, wie sie es geplant haben, wird um jeden Preis auf den Plot bestanden. Schreibe einen Plot so, dass du flexibel bleibst. überlege dir , wie die Spieler reagieren könnten und mache dir Gedanken darüber, wie dyu damit umgehst. Bereite dich darauf vor, dass die Spieler im Endeffekt trotzdem einen Weg finden werden, den du nicht bedacht hast.

Negativbeispiel: Vor vielen Jahren war ich mal auf einem Con einer neuen Orga. Der Freitag war sehr schoen. Ein dichter Plot, viele Infos und Dokumente usw. Leider war der Plot zu komplex um ihn zu durchschauen. Es ging um einen Erzdaemon, der sich langsam aus einem Gefaengnis tief unter der Burg befreit und es musste ein Ritual durchgefuehrt werden, um das zu verhindern. Die SL hatte das Ritual bis ins letzte Detail geplant, und die Infos zur Durchfuehrung in unzaehligen kleinen Subplots verteilt. Die Spieler haben viele, aber nicht alle Infos zusammengetragen, und ein extrem schoenes Ritual gemacht (mit eines der schoensten, die ich je auf einem LARP gesehen habe). Die SL hat den Daemon trotzdem auftauchen und einen Grossteil der Spielercharaktere auf dem Con umbringen lassen (!), weil das Ritual nicht exakt das war, was sie vorher geplant hatten. Nach dem Timeout war die Stimmung unter den Spielern dermassen schlecht, dass die SL sicht schlichtweg verkruemmelt und auch am kommenden Tag bei der Abreise weit und breit nichts von ihnen zu sehen war (war wahrscheinlich auch besser so)

.. to be continued

ciao.. Thilo
Magie ist die Kunst, Aberglauben in Geld zu verwandeln

Timo

Das würde ich alles sofort unterschreiben!  ;D

Ich würde aber noch etwas grundlegender an das Problem heran gehen:
Warum gehen Leute auf Cons?
Weil sie Emotionen erleben wollen. Die Angst bei einem Angriff in der Nacht. Die Wut über den selbstgefälligen Bösewicht. Die Trauer um einen liebgewonnenen Mitstreiter, der im Kampf gefallen ist. Die Freude, wenn den Bösewicht zum Schluss sein gerechtes Schicksal ereilt (Stichwort: Erfolgserlebnis).
Diese Emotionen sollten insgesamt mehrheitlich positiv sein (Deswegen nicht: Den Spielern eins auswischen wollen), denn sonst macht der Plot keinen Spaß. Einzelne negative Emotionen können einen Plot aber durchaus bereichern.

Der Plot ist also dazu da, den Spielern möglichst viele Möglichkeiten zu bieten, Emotionen zu erleben.
NSCs sind der personifizierte Plot, sie müssen die Emotionen erzeugen: Arme Bauersfrauen müssen Mitleid erregen können, böse Orks Angst und Schrecken, mächtige Feen Ehrfurcht etc.

Das bereits zitierte Erfolgserlebnis am Ende des Plots ist erzähltheoretisch gesehen die Auflösung der Geschichte: Die sogenannte closure. Am Ende einer Geschichte erwarten viele eben ein geschlossenes Ende, das mit einer gewissen poetischen Gerechtigkeit einhergeht (Beispiel: Der Bösewicht wird bestraft, die Mühen der Helden = Spieler werden belohnt). Darin liegt gerade der Unterschied zu den Geschichten, die wir im realen LebenTM erleben: Die gehen meistens nicht so gut aus und machen nicht soviel Sinn, ergo sind es eben eigentlich keine Geschichten, sondern eben "nur" Erlebnisse".
Um die Sinnhaftigkeit der erlebten Ereignisse zu erkennen, müssen die Spieler aber eben auch verstehen, wie genau der Plot abgelaufen ist. Ergo muss der Plot nachvollziehbar sein.

Auch wenn das jetzt etwas sehr literaturwissenschaftlich war, ich glaube, man könnte viele Plotfehler vermeiden, wenn man die wichtigsten Grundsätze der Erzähltheorie in so einer Art Plothilfe packen würde. Die könnte man dann im LarpWiki veröffentlichen, und da dann einfach immer elegant drauf verweisen... 8)

Thilo

Anzumerken ist natuerlich, dass diese Plot-Tipps natürlich nicht allgemeingültig sind und es immer Ausnahmen geben kann. Wenn ich z.B. einen kleinen Einladungscon fuer die Spieler eines festen Landeshintergrundes veranstalte, kann ich denen natürlich einen Plot vorsetzen, der sich mit den Details des Landeshintergrundes auseinander setzt, und der fuer einen aussenstehen vielleicht vollkommen uninteressant ist. Solche Tipps koennen immer nur Richtwerte geben, an die man sich halten kann.

ciao, Thilo
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