Es sei in allen Dörfern und Städten Schwingensteins verkündet...(Nachklapp WdK4)

[Alvin]

Nur wenige Stunden, nachdem Adalrik von Sommburg den Tod gefunden hat, suchen sich Auros von der Sternengischt und seine Kampfgefährten nahe des Schlachtfeldes eine Unterkunft für die Nacht. Noch während der Herold sich von einer Priesterin seine zahlreichen Schnitte und Blessuren versorgen lässt, schreibt er bereits die ersten, möglicherweise entscheidenden Nachrichten nieder. Auros weiß, dass nur schnelles, entschlossenes Handeln und das geschickte Ausnutzen seines Amtes ihm einen Vorteil im nun folgenden Schachspiel verschaffen können. Er weiß auch, dass er nun einen riskanten Plan verfolgt. Doch nur so, da ist er sich sicher, können die Mühen und Gefahren der vergangenen Tage Früchte tragen. Hatte er nicht genau das von seinem Onkel, dem Baron, gelernt? War es nicht genau das, was seine Mutter ihm sein ganzes Leben gepredigt hatte? Auf dieser Expedition hatte er sich im Kampf bewährt. Er hatte seinen Vater gerächt. Und er hatte seinen Wert außerhalb des Heroldsamtes bewiesen. Nun war es an der Zeit, Profit daraus zu schlagen. Geschachere hatte Gabriel das Spiel verächtlich genannt. Was wusste der schon? Nur wer nicht weiß, wie er gewinnen kann, verachtet die edle Kunst der Politik. Genau so musste es bei Gabriel sein – auch wenn er Auros gerade deshalb noch gefährlich werden konnte.

Trotz seines schmerzenden Arms setzt Auros die Schreibfeder an und verfasst eine Botschaft an seinen Onkel, in der er kurz und sachlich über die Geschehnisse des Tages berichtet. Als nächstes verfasst er ein paar kurze Zeilen an Caidrach Karlesce von Trutzwald, in denen er den Mut von dessen Knappen, Aramis von Wintersang, lobt und versichert, den Geschäften des Ritters im Norden nicht in die Quere kommen zu wollen, sofern die weiteren Entwicklungen in Auros Sinn verlaufen. Die nächste kurze Nachricht geht an den Hauptmann der Wache in Rhyninngen, in welcher er den Befehl erteilt, den Büttel Jorgos Waidmann festzusetzen und bis zum Erhalt weiterer Befehle hinter Schloss und Riegel zu verwahren. Als die Feder das Pergament das nächste Mal berührt, zögert Auros kurz. Die folgenden Worte an den Vogt von Pavlodar wollen gut überlegt sein. Er atmet kurz ein und beginnt zu schreiben:

Entsendet auf der Stelle Boten und lasst diese Botschaft in allen Landen seiner Hochwohlgeboren Romarik Aurora von Tauenrank verbreiten. Es soll in allen Dörfern und Städten verkündet und auf allen Marktplätzen angeschlagen werden. Tut dies auf Befehl von Auros von der Sternengischt, der als Herold im Namen seiner Hochwohlgeboren Romarik Aurora von Tauenrank handelt.

Es sei verkündet und jedermann bekanntgemacht, dass der Verräter und Kriegstreiber  Adalrik von Sommburg mit dem Tode seine gerechte Strafe erhalten hat. Unter der weisen Führung seiner Hochwohlgeboren Romarik Aurora von Tauenrank, Baron von Schwingenstein, Freiherr von Taveresk, Vogt des Freiherrentums Schwingenstein, Herr auf Burg Schwingenstein ist es gelungen, den schurkenhaften Machenschaften des Herrn von Sommburg Einhalt zu gebieten, die nicht zuletzt auch das Paktieren mit finsteren Mächten zum Inhalt hatten. Als Teil eines klugen Plans, entworfen durch den äußerst tapferen Caidrach Karlesce von Trutzwald, erster Ritter Schwingensteins, begab sich ein Trupp, bestehend aus Aramis von Wintersang, Anselm von Lindelbrunn, Auros von der Sternengischt, Gabriel von Fahlen, Alrun Poikamer und der Jägerin Sirja in die Gemarkung Sommburg, um die niederträchtigen Vorhaben des Herrn von Sommburg endgültig zu ihrem Ende zu bringen.

Trotz heftiger Gegenwehr gelang es den tapferen Kämpfern Schwingensteins, den Verursacher des Bürgerkrieges, unter dem so viele Seelen lange Jahre zu leiden hatten, auf einem Hügel zu stellen, auf dem er sich mit einer übermächtigen Streitmacht verschanzt hatte. Unter der Führung von Aramis von Wintersang, Knappe des ersten Ritters Schwingensteins, begann ohne Rücksicht auf die größeren Zahlen des Gegners der Sturm auf den Hügel. Es ist ungewiss, ob die mutige Attacke nicht anders verlaufen wäre, hätten sich nicht der Knappe Anselm von Lindelbrunn und die Jägerin Sirja mit ihren eigenen Leibern auf den Feind gestürzt, um so den übrigen Kämpfern den Weg zu ebnen. Ihre erlittenen Wunden sollen sie auf ewig als Ehrenmal mit sich tragen. Es sei hervorgehoben, dass die Kampfeskraft der Jägerin Sirja ein strahlendes Beispiel für die Fähigkeiten der Jäger der Brockenmark ist, deren umsichtiger Anführer Tariq von Wallstätt schon seit Jahren, neben den Blauröcken seiner Hochwohlgeboren, die besten Soldaten Schwingensteins trainiert.

Im entscheidenden Sturm der Schlacht erreichten Aramis von Wintersang, Auros von der Sternengischt und Gabriel von Fahlen die Spitze des Hügels und stellten den Hochverräter mit seinen verbliebenen Mannen. Auros von der Sternengischt, Neffe seiner Hochwohlgeboren und Sohn des tapfer im Kampf gefallenen Francesco von der Sternengischt, war es schließlich, der den finalen Streich gegen den ehrlosen  Adalrik von Sommburg führte und mit seinem Schwert den langen und bitteren Bürgerkrieg ein für alle Mal beendete. Das Volk Schwingensteins freue sich nun auf den endlich errungenen Frieden nach all den Jahren der Entbehrungen und danke der Familie von Tauenrank für die umsichtige und weise Führung in den Zeiten der Not. Ein Hoch auf seine Hochwohlgeboren Romarik Aurora von Tauenrank! Lang lebe der Baron!

Als er fertig ist, liest Auros mehrmals erneut seine Zeilen und verschließt schließlich alle Schreiben mit seinem Siegel. Dann lässt er die Jägerin Sirja zu sich kommen, die sich aufgrund ihrer Wunden langsamer als sonst bewegt. Er überreicht ihr die Briefe und trägt ihr auf dafür Sorge zu tragen, dass diese auf dem schnellsten Wege ihre Ziele erreichen. ,,Ruh dich aber zunächst aus und brich erst am frühen Morgen auf", sagt er ihr. ,,Ach, und da wäre noch etwas, das du für mich erledigen kannst", sagt er und flüstert ihr etwas ins Ohr. Sirja nickt und macht sich am nächsten Morgen auf den Weg. Auros selbst findet in dieser Nacht nur wenig Schlaf, sei es aufgrund der Ungewissheit seiner Pläne oder aufgrund jener finsteren Gedanken, die er nicht aus seinem Geist verbannen kann.