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Vor der Lichternacht

Begonnen von Beobachtung, 02.01.2019, 03:05:10

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Beobachtung

Vor dem Pavlodarer Waisenhaus hält der mit einigen Säcken und Kohlköpfen beladene Karren eines Bauern. Sogleich eilen zwei Jungen in groben Kitteln aus dem Haus herbei, um beim Abladen zu helfen. "Meret zum Gruß, Albrecht." Der Bauer nickt den Burschen zu. "Erk, Lorenz." Er hievt einen der Säcke vom Wagen und reicht ihn dem größeren der beiden. "Ist nicht viel, aber besser als nichts ist es allemal. Soll ja keiner hungrig bleiben in der Lichternacht." Einige Neuigkeiten werden ausgetauscht und so geht die Arbeit flott von der Hand. Unter den letzten paar Kohlköpfen zieht Erk ein kleines Päckchen hervor, das in grauen Stoff eingeschlagen und mit grobem Spagat verschnürt ist. "Was ist das denn, Albrecht? Käse?" Erk schnuppert an dem Päckchen. Albrecht blickt ihn verwirrt an. "Das kenne ich nicht. Ich hab das nicht auf den Karren gepackt." Er nimmt es dem Jungen aus der Hand, dreht das Bündel hin und her und mustert misstrauisch den fleckigen Stoff. "Wo das wohl herkommt?" Der Bauer stutzt: "Da hängt was dran. Mit Wörtern drauf." "Mutter Olga kann lesen, Albrecht. Soll ich sie holen?", bietet Lorenz eifrig an. "Ihr beiden bringt die Ladung in die Küche und gebt dem alten Fjodor was zu saufen. Ich gehe selbst zu ihr." Er betritt das Haus, das vor Kindern aller Altersstufen überzuquellen scheint. Jungen, Mädchen, große, kleine, blonde, braune, rothaarige - aber allesamt hohlwangig und ärmlich gekleidet. Die meisten barfuß oder in groben Holzschuhen. Manche spielen, die Größeren widmen sich irgendwelchen Arbeiten und kümmern sich um die Kleineren. Dazwischen ein paar Erwachsene, die Aufsicht führen oder sich um einzelne Kinder kümmern. An den Wänden entlang liegen einige Strohsäcke, auf denen Kranke liegen. Die Flure und Zimmer sind erfüllt von Arbeitsgeräuschen, Husten, gemurmelten Unterhaltungen, leisem Lachen und dem Weinen einiger Babys. Trotz all der Geschäftigkeit liegt über allem ein Hauch von Traurigkeit. Die meisten Kinder sehen dem Bauern neugierig entgegen. Albrecht fragt nach Mutter Olga und wird von einem kleinen Mädchen in eines der Zimmer geführt, wo eine kleine stämmige Frau gerade mit einigen Mädchen Wolle spinnt. Sie unterhält sich mit einer ebenfalls anwesenden Ante'Mei, die gerade damit beschäftigt ist Verbände aufzuwickeln. Olga hebt den Kopf als der Mann eintritt und wendet sich ihm zu. "Meret zum Gruß!", der Bauer nimmt die Kappe ab und nickt Mutter Olga und der Priesterin grüßend zu. Ein Lächeln erhellt das Gesicht der Waisenhausvorsteherin. "Albrecht! Schön dich zu sehen. Was führt dich her?" "Ich habe die bestellten Vorräte gebracht. Und noch etwas mehr. Keine Ahnung, wo das herkommt." Er streckt ihr das graue Bündel entgegen und dreht es so, dass sie den daran befestigten Zettel sehen kann. Stirnrunzelnd nimmt sie das Päckchen entgegen. "Füühr diiiiee Kiiindeeer", buchstabiert Olga, " uuund Meeereeets Seeeegeeen mööögee miit eeeuuuch seeeeiiin. Geeeeseeegneeetee Liiichteeernaaaacht." Olgas und Albrechts Blicke treffen sich. Der Mann zuckt die Schultern. "Von mir ist es nicht. Machs einfach auf." Olga blickt zu der Ante'Mei. Die lächelt aufmunternd. Olga zögert kurz, dann löst sie mit geschickten Fingern die Schnur und schlägt den Stoff auseinander. Etwas funkelt und blinkt. Die Erwachsenen und auch die Kinder schnappen nach Luft und starren mit großen Augen auf das, was da auf dem fleckigen grauen Tuch liegt: Eine goldene Schale, die mit schimmernden roten und blauen Steinen besetzt ist. Davon kann man viel Hirse und Kohl kaufen und noch mehr ...

Beobachtung

In Kloster Feuerlanze sind Vater Alexej und zwei Novizen gerade dabei die Kapelle neben dem Tor aufzuräumen und den Altar für die bevorstehende Lichternacht zu schmücken. Geduldig poliert Alexej das Holz der Altarplatte und wienert die silbernen Leuchter. Die Tannenzweige, mit denen der Lehmboden bedeckt ist, erfüllen die Luft mit ihrem würzigen Duft. Alexej summt leise bei der Arbeit. Tiefe Zufriedenheit und die Vorfreude auf das Fest erfüllen ihn. Er mag diese Jahreszeit, wenn die Welt den Atem anhält und sich auf das nächste Jahr vorbereitet. Seine Novizen rücken derweil mit Strohbesen dem Staub und den Spinnweben in den Ecken zu Leibe. Schließlich ist der Priester mit dem Ergebnis zufrieden und betrachtet noch einmal ihr Werk. So kann das bleiben. Er ruft die Novizen zu sich und wendet sich zum Gehen. Bevor er die Kapelle aber verlässt, nimmt er den Schlüssel des Opferstocks vom Gürtel und öffnet damit das schmiedeeiserne Türchen des schweren steinernen Kastens. Ein paar Münzen rollen ihm entgegen, die er geschickt auffängt. Alexej steckt die Geldstücke in den mitgebrachten Beutel. Dann greift er in den Opferstock um auch das übrige Geld herauszuholen. Kupfermünzen und das ein oder andere Silberstück, das Gläubige und Reisende dort hineingesteckt haben. Der Drache segne sie. Wieder holt er eine Handvoll Münzen aus dem Kasten. Mittendrin ein beinerner Knopf. Sein Gesicht verfinstert sich. Solche Geizkrägen gibt es immer wieder. Der Drache möge sie strafen. Noch ein paar Münzen. Was ist das? Ein schimmernder roter ovaler Stein. Flach auf der einen Seite. Ob der etwas wert ist? Noch einmal greift er in den Opferstock. Seine Finger berühren etwas Merkwürdiges unter den Münzen. Er stutzt. Was ist das? Kalt, hart, undefinierbare Form. Seine Finger schließen sich um den Gegenstand und ziehen ihn heraus. Alexej macht große Augen und pfeift durch die Zähne. Dem einen Novizen bleibt der Mund offen stehen. Das was der Priester da in der Hand hält, ist wohl einmal ein goldener Becher gewesen. Jemand hat ihn so lange plattgehämmert, bis er durch den Schlitz des Opferstockes passte. In dem verformten Metall glänzen rote und blaue Steine im Licht der Kerzen.

Beobachtung

Müde schlurft Gruschenka über den Hof um trockenes Holz und Reisig aus dem Schuppen zu holen. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und es ist noch immer finster. Zum Glück steht der Mond noch am Himmel und spendet schwaches Licht. Die alte Frau ist den Weg aber schon so oft gegangen, dass sie ihn auch in absoluter Dunkelheit finden würde. Sie seufzt. Die alten Knochen schmerzen und das Rheuma plagt sie, wie immer um diese Jahreszeit. Mühsam lädt sie ein paar Holzscheite und einen Arm voll Reisig in ihre Schürze und macht sich auf den Rückweg zurück ins Haus - das Armenhaus des Ortes. Sobald das Feuer brennt, wird sie Wasser heiß machen um für sich und die anderen Fichtentee zu kochen. Als sie nach der Türklinke greift, bemerkt sie, dass ein Beutel daran hängt. Gruschenka nimmt ihn herunter. Er liegt schwer in ihrer Hand und sie kann Metall klimpern hören. Das ist sicher Olegs Schnitzzeug. Der Einbeinige sitzt tagsüber, oft neben der Tür und schnitzt Löffel, die Kirill dann auf dem Markt verkauft. Wahrscheinlich hat der Schussel es da hingehängt und dann vergessen. Der verliert nochmal seinen Kopf. Sie wirft den Beutel zu dem Holz in ihre Schürze. In der Hütte schürt sie das Feuer und hängt den rußigen Wasserkessel an den Haken darüber. Annuschka ist auch schon wach und hilft Gruschenka dabei die jungen Triebe von den gestern gesammelten Fichtenzweigen abzuzupfen. Als das Wasser kocht, wirft Gruschenka die Fichtenspitzen hinein und bald erfüllt der süßliche, harzige Duft die Hütte. Mehrere zerlumpte Gestalten regen sich gähnend und bald sitzen alle am Tisch, die Hände um die Tonbecher mit dem dampfenden Tee geschlossen. Die heiße Flüssigkeit vertreibt die eisige Kälte der Nacht aus den Knochen. Gruschenka schiebt einem dürren Mann mit strähnigen Haaren und Pockennarben im Gesicht den Beutel über den Tisch zu. "Du hast schon wieder deinen Krempel vergessen, Oleg." "Das ist nicht meiner", gibt der zurück. "Wem gehört er denn dann?" Fragend blickt Gruschenka in die Runde. Niemand antwortet. "Da ist was draufgemalt", piepst Amir, ein kleiner strubbeliger Junge mit verrotzer Nase. "Stimmt", brummt Iwan. Der Alte zieht den Beutel zu sich heran und betrachtet ihn im schwachen Licht des Herdfeuers. "Das ist ein Shenn'At." Er öffnet den Beutel und schüttet den Inhalt auf den zerschrammten Tisch. Eine Handvoll Kupfermünzen und auch ein paar Silberstücke kommen auf der Platte zu liegen. "Heilige Mutter Meret!"

Beobachtung

#3
Zehn Ballen Leinen für Verbände, acht Säcke Tee, fünfzig Decken, zwölf Büschel Salbei, sieben Töpfe Honig, Beinwell, Weidenrinde, Frauenmantel. Kamille! Wo ist die Kamille? Ach, da hinten. Wie siehts mit dem Wein aus? Waleria Fjodorowna klopft an das aufgebockte Fass. Hmmm. Sie runzelt die Stirn. Klingt schon ziemlich hohl. Wenn der Wein ausgeht, bevor sie neuen organisieren kann, müssen die Heiler die Wunden eben mit Wasser auswaschen. Das muss dann reichen. Waleria hakt den letzten Posten ab und klappt ihre Mappe zu. Sie seufzt. Die Vorräte schwinden schneller als Schnee in der Sonne. Woher soll sie nur das Geld nehmen? Meret sei Dank hatte es weit weniger Kämpfe gegeben, als sie befürchtet hatten, trotzdem war das kleine Spital voll und die Heiler wussten gar nicht, um wen sie sich zuerst kümmern sollten. Sie versuchte schon zu sparen, wo es nur ging, aber die Verwundeten und Kranken konnten nicht nur mit Luft und Liebe versorgt werden. Alleine die Verpflegung all der Menschen kostete mehr als ihr lieb war. Sie schließt die Tür und tritt in den Hof. Das Wetter ist ungemütlich und sie zieht sich zum Schutz die Kapuze ihres Umhangs tief ins Gesicht. Es regnet schon seit Tagen und ein eisiger Wind fährt übers Land. Und dabei haben sie doch schon genug Kranke mit Fieber oder sogar Lungenentzündung. Ein Zupfen am Ärmel reißt sie aus ihren Gedanken. Ein etwa zehnjähriger Junge sieht zu ihr hinauf. "Bist du die Fjodorowna?" Waleria nickt. "Die bin ich. Was gibts?" "Ich soll dir das hier geben." Er streckt ihr eine kleine Kiste entgegen, in der etwas klappert. "Aha. Von wem denn?", fragt sie, als sie den Kasten entgegennimmt. Der Junge schüttelt energisch den Kopf. "Das darf ich nicht sagen." Waleria hebt den Deckel an. Zuoberst liegt ein Zettel in der Kiste: 'Möge Mutter Meret Eure Arbeit segnen. Ihr habt sicher Verwendung hierfür.'Als sie das Blatt Papier herausnimmt um zu sehen, was sich sonst noch in dem Kasten befindet, blinken ihr ein goldener Kerzenleuchter und ein paar Silberringe entgegen. "Aber das ist doch ... Woher hast du...?" Sie hebt den Blick um dem Jungen einen strengen Blick zuzuwerfen, der hat sich aber bereits umgedreht und saust davon.
Als der Junge davonrennt, wirft er einer Gestalt, die in der Nähe in einer Tordurchfahrt an die Wand gelehnt dasteht und die Szene beobachtet hat, einen Blick zu. Diese erwidert seinen Blick mit einem Nicken und der Junge verschwindet um die Ecke. Ein paar Minuten vergehen. Dann tritt die Gestalt in den Regen hinaus und entfernt sich.

Beobachtung

"Und sowas ist auch an anderen Orten hier in Schwingenstein passiert". Marek nickt energisch und zieht den Bierkrug zu sich heran. Ilja, der Wirt des 'goldenen Hirschen' blickt den Fuhrknecht ungläubig an, während er mit einem Lappen den Tresen abwischt. "Tatsächlich? Einfach so?" Ein anderer Reisender, der ebenfalls am Tresen lehnt, mischt sich in das Gespräch. "Ich hab auch schon sowas gehört", meint er zu den beiden. "Vor zwei Tagen, als ich in Gorkoi gewesen bin, hats mir ein Executor erzählt und der weiß es von seiner Base aus Fordonov. Er ist auf seinem Weg aus dem Sommburgischen dort vorbeigekommen und da hat sie ihm das erzählt." "So ein Blödsinn!", grunzt ein Dritter, "alles Ammenmärchen! Als ob heutzutage wer was zu verschenken hätte." Er schnaubt missbilligend durch die Nase. "Vielleicht waren das Feen", meint der Wirt, "die machen sowas angeblich manchmal." "Und ich bin der Elfenkönig", höhnt sein Vorredner, "Alles Humbug, wenn ihr mich fragt!" "Ein Glück, dass dich keiner fragt", fährt Marek ihn unwirsch an. "Meret sei Dank sind nicht alle solche Stinkstiefel wie du." Der Fuhrmann wendet sich wieder dem Wirt zu. "Und  ich habe sogar gehört dass, ...